Neue For­schun­gen zei­gen, dass höhere Ungleich­heit auch ursäch­lich für die Kli­ma­krise ist. Not­wen­dig ist daher eine kli­ma­so­ziale Poli­tik, um die Effek­ti­vi­tät von Kli­ma­schutz­maß­nah­men zu steigern.

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ie bis­he­rige Kli­ma­po­li­tik hat es nicht geschafft, die not­wen­dige Trend­wende her­bei­zu­füh­ren: Im Jahr 2022 sind die Emis­sio­nen in Deutsch­land trotz gerin­ge­rer Ener­gie­nach­frage nicht gesun­ken und 2021 sind sie sogar gestie­gen (Agora Ener­gie­wende, 2023). Um das Pari­ser Kli­ma­ab­kom­men ein­zu­hal­ten, müss­ten die Emis­sio­nen in den rei­chen Län­dern fortan um min­des­tens 10% pro Jahr sin­ken (Ander­son et al., 2020). Für diese Emis­si­ons­min­de­run­gen muss die Effek­ti­vi­tät von Kli­ma­po­li­tik mas­siv gestei­gert werden.

Bis­her wurde Kli­ma­po­li­tik oft CO2-zen­triert gedacht, mit Emis­si­ons­min­de­rung als über­ge­ord­ne­tem Ziel. Die­ses Ziel bestimmte, wel­che Instru­mente aus­ge­wählt wur­den. Ver­tei­lungs­ef­fekte wur­den nach­ge­la­gert betrach­tet. Ein Bei­spiel ist der CO2-Preis, der Emis­sio­nen min­dern und des­sen über­pro­por­tio­nale Belas­tung ärme­rer Men­schen durch eine Pro-Kopf-Rück­erstat­tung aus­ge­gli­chen wer­den soll. Eine Ein­bet­tung in eine brei­tere sozi­al­re­for­me­ri­sche Agenda, wie es etwa der Green New Deal vor­schlägt, wird nicht ange­strebt, häu­fig sogar als kon­tra­pro­duk­tiv gese­hen (Mann, 2019).

Die Autorinnen

Julia Cremer ist Sti­pen­dia­tin im Pro­mo­ti­ons­kol­leg „Poli­ti­sche Öko­no­mie der Ungleich­heit“ und Co-Host des Pod­cast „In der Wirt­schaft“. Ihre Schwer­punkte: Poli­ti­sche Öko­no­mie, Sozial-Öko­lo­gi­sche Trans­for­ma­tion, Ungleichheit.

Vera Huwe ist Sti­pen­dia­tin im Pro­mo­ti­ons­kol­leg „Poli­ti­sche Öko­no­mie der Ungleich­heit“. Ihre Schwer­punkte: sozial-öko­lo­gi­sche Ver­kehrs­po­li­tik, inter­sek­tio­nale Per­spek­ti­ven auf Ungleich­heit, Phi­lo­so­phie der VWL.

Ungleichheit und Klimakrise verstärken sich gegenseitig

Im Fol­gen­den wol­len wir auf­zei­gen, dass Ungleich­heit ana­ly­tisch rele­vant für die Begren­zung der Kli­ma­ka­ta­stro­phe ist. Denn: Ungleich­heit ist eine ihrer Ursa­chen. Ange­lehnt an eine im letz­ten Jahr erschie­nene Über­blicks­stu­die skiz­zie­ren wir Mecha­nis­men, durch die Ungleich­heits­re­duk­tion die Trans­for­ma­tion zu einer kli­ma­neu­tra­len Ver­sor­gung erleich­tert. Wenn die­ser ursäch­li­che Zusam­men­hang gilt, ist eine nach­ge­la­gerte Adres­sie­rung von Ungleich­heit unzu­rei­chend. Eine inte­grierte Klima- und Ver­tei­lungs­po­li­tik ist dann nicht nur wert­voll für eine gerech­tere, inklu­sive Gesell­schaft, son­dern auch kli­ma­po­li­tisch effek­ti­ver als eine rein auf CO2-Min­de­rung fokus­sierte Klimapolitik.

Serie Ungleichheit und Macht

Die wach­sende gesell­schaft­li­che Ungleich­heit ist eines der bedeu­tends­ten Pro­bleme unse­rer Zeit. Zugleich steigt das wis­sen­schaft­li­che Inter­esse und lie­fert neue Erkennt­nisse mit Blick auf die drän­gends­ten Fra­gen und Ant­wor­ten zu ver­schie­de­nen Dimen­sio­nen der Ungleich­heit und ihren zugrun­de­lie­gen­den Machstrukturen.

Für die Debat­ten­reihe „Ungleich­heit und Macht“ haben Doktorand:innen aus dem Pro­mo­ti­ons­kol­leg „Poli­ti­sche Öko­no­mie der Ungleich­heit“ am Insti­tut für Sozio­öko­no­mie der Uni­ver­si­tät Duis­burg-Essen diese neuen Erkennt­nisse auf­ge­schrie­ben. In den Bei­trä­gen stel­len die Pro­mo­vie­ren­den, die von der Hans-Böck­ler-Stif­tung geför­dert wer­den, Teil­ergeb­nisse ihrer For­schung vor und dis­ku­tie­ren ver­bun­dene gesell­schaft­li­che Her­aus­for­de­run­gen sowie poli­ti­sche Hand­lungs­op­tio­nen. Mit dem Fokus auf Ungleich­heits­di­men­sio­nen und zugrunde lie­gen­den Macht­ver­hält­nis­sen reicht der the­ma­ti­sche Bogen von Armut und Besteue­rung bis zu Arbeitsmarkt‑, Gleich­stel­lungs- oder Kli­ma­po­li­tik. Durch die the­ma­ti­schen Breite und Viel­falt der ein­ge­setz­ten Metho­den sto­ßen die Autor:innen eine wei­ter­füh­rende gesell­schaft­li­che Debatte dar­über an, wie der stei­gen­den Ungleich­heit begeg­net wer­den kann.

Die Reihe erscheint in regel­mä­ßi­gen Abstän­den zwi­schen April und Juni 2023 im Makro­nom. Hier im ifs­ob­log doku­men­tie­ren wir die Serie anschlie­ßend ebenfalls.

Die Kli­ma­krise trifft sozio-öko­no­misch benach­tei­ligte Men­schen – sowohl in glo­ba­ler Per­spek­tive als auch inner­halb eines Lan­des – im Mit­tel häu­fi­ger und heftiger

Die ver­hee­ren­den Fol­gen der Kli­ma­krise sind öko­no­misch rele­vant. Für den Zeit­raum von 2022 bis 2050 wer­den die volks­wirt­schaft­li­chen Fol­ge­kos­ten allein in Deutsch­land auf bis zu 900 Mil­li­ar­den Euro geschätzt (Flaute et al., 2022). Den­noch wirkt die Kli­ma­krise nicht für alle gleich: Sie trifft sozio-öko­no­misch benach­tei­ligte Men­schen – sowohl in glo­ba­ler Per­spek­tive als auch inner­halb eines Lan­des – im Mit­tel häu­fi­ger und hef­ti­ger (Chan­cel et al., 2023, Hsiang et al., 2019). Bis­he­rige Trans­for­ma­ti­ons­ver­su­che haben Ungleich­heit in Teil­ha­be­chan­cen und Ver­mö­gen ten­den­zi­ell ver­stärkt (Sova­cool, 2021). Zudem zeich­net sich ab, dass der Zugang rei­cher Per­so­nen zu kli­ma­re­si­li­en­ten Umge­bun­gen auf der Aus­gren­zung und Ver­trei­bung mar­gi­na­li­sier­ter Men­schen beruht (Rice et al., 2021).

Weniger Superreiche, weniger energieintensiver Luxuskonsum

Weni­ger bekannt, für die erfor­der­li­che Effek­ti­vi­täts­stei­ge­rung aber bedeut­sam ist, dass auch der umge­kehrte Wirk­zu­sam­men­hang gilt: Ungleich­heit wirkt auf die Ent­wick­lung der Kli­ma­krise. Ungleich­heit beein­flusst die Mög­lich­kei­ten der Trans­for­ma­tion unter ande­rem auf der Ebene des Kon­sums, der Pro­duk­tion und der Gesellschaft.

Auf der Ebene des Kon­sums führt gerin­gere Ungleich­heit dazu, dass sich die Ener­gie­nach­frage stär­ker zu Grund­gü­tern ver­schiebt, die leich­ter zu dekar­bo­ni­sie­ren sind als Luxus­gü­ter. In Deutsch­land ver­braucht das ver­mö­gendste Pro­zent mehr als 20-mal so viel Ener­gie wie die Men­schen in der unte­ren Hälfte der Ver­mö­gens­ver­tei­lung (Rehm und Chan­cel, 2022). Ener­gie­un­gleich­heit die­ses Aus­ma­ßes ver­birgt auch einen qua­li­ta­ti­ven Unter­schied im Nut­zungs­zweck, wie Gra­fik 1 für die EU zeigt. Ener­gie­in­ten­sive Luxus­gü­ter, z. B. Fern­rei­sen, große Autos und Yach­ten, wer­den fast aus­schließ­lich von rei­che­ren Per­so­nen kon­su­miert (Oswald et al., 2020). Men­schen in unte­ren und mitt­le­ren Ein­kom­mens­grup­pen ver­brau­chen viel weni­ger Ener­gie – und diese haupt­säch­lich für Grund­gü­ter wie Hei­zen und Strom. Nicht wenige haben sogar kei­nen aus­rei­chen­den Zugang zu not­wen­di­gen Ener­gie­dienst­leis­tun­gen, auch in Deutsch­land (Bou­z­a­rov­ski, 2013,  Bou­z­a­rov­ski et al., 2020). Dar­über hin­aus sind die Emis­sio­nen der ärms­ten 50% in der EU seit 1990 um bis zu 30% gesun­ken und lie­gen bereits nahe an den nach­hal­ti­gen Ziel­wer­ten für 2030, wäh­rend der CO2-Aus­stoß rei­che­rer Men­schen zuge­nom­men hat (Chan­cel, 2022).

Abb. 1: Durch­schnitt­li­cher CO2-Fuß­ab­druck nach Verbraucher:innengruppen und Kon­sum­ka­te­go­rien. Nach Iva­nova und Wood (2020).

Weni­ger Ungleich­heit würde dazu füh­ren, dass Per­so­nen mit gerin­gem Ein­kom­men mehr Ener­gie ver­brau­chen, aller­dings haupt­säch­lich um bestehende Lücken bei der Ver­sor­gung mit Grund­gü­tern zu schlie­ßen. Die Nach­frage nach ener­gie­in­ten­si­ven Luxus­gü­tern würde hin­ge­gen sin­ken. Ein­fach gesagt: Weni­ger Super­rei­che, weni­ger Pri­vat­jets. Der Knack­punkt ist: Trans­portemis­sio­nen sind tech­nisch rela­tiv schwer, Grund­gü­ter wie Hei­zen und Elek­tri­zi­tät leich­ter zu dekar­bo­ni­sie­ren. Somit würde eine Reduk­tion der Ein­kom­mens­un­gleich­heit die Ener­gie­nach­frage zwar kurz­fris­tig gering­fü­gig erhö­hen, mit­tel­fris­tig würde jedoch der höhere Anteil an Grund­gü­tern die tech­ni­sche Mach­bar­keit der Trans­for­ma­tion erhö­hen (Oswald et al., 2021).

Klimarelevante Produktionsentscheidungen liegen in den Händen Weniger

Auf der Ebene der Pro­duk­tion behin­dert die Kon­zen­tra­tion öko­no­mi­scher Ent­schei­dun­gen, ver­stärkt durch Mög­lich­kei­ten poli­ti­scher Ein­fluss­nahme, die demo­kra­ti­sche Gestal­tung des Trans­for­ma­ti­ons­pro­zes­ses. In Deutsch­land besitzt das ver­mö­gendste Pro­zent zwei Drit­tel aller Unternehmen(-santeile) und ent­schei­det damit, was und wie pro­du­ziert wird (Bach et al., 2021). Wich­tige Wirt­schafts­sek­to­ren wie Chemie‑, Stahl- und Auto­mo­bil­in­dus­trie sind von fos­si­ler Ener­gie abhängig.

Ein schnel­ler und tief­grei­fen­der Umbau, wie es die demo­kra­tisch beschlos­se­nen Kli­ma­ziele erfor­dern, ist nicht unbe­dingt im Inter­es­sen der Besitzer:innen. Bei höhe­rer Ungleich­heit kön­nen Ver­mö­gende ihren pri­vi­le­gier­ten Zugang zu poli­ti­schen Insti­tu­tio­nen und Netz­wer­ken wirk­sa­mer nut­zen, um Kli­ma­po­li­tik ein­sei­tig zu beein­flus­sen (Dow­ney et al., 2010). So haben fos­sile Kon­zerne immer wie­der effek­tive Kli­ma­po­li­tik blo­ckiert (Lucas, 2021). Eine Reduk­tion der Ver­mö­gens­kon­zen­tra­tion würde mehr demo­kra­ti­sche Kon­trolle über öko­no­mi­sche Pro­zesse erlau­ben und könnte den Weg frei­ma­chen für einen geplan­ten und sozial aus­ge­stal­te­ten Umbau der Produktion.

Ökonomische Sorgen erschweren gesellschaftliche Allianzen und eine breite Mobilisierung

Auf der Ebene der Gesell­schaft kön­nen Sor­gen vor der Ver­schär­fung einer ohne­hin pre­kä­ren Situa­tion oder dem sozia­len Abstieg eine breite Mobi­li­sie­rung für Kli­ma­schutz ver­hin­dern (Vona, 2018). Die Sorge ist nicht ganz unbe­grün­det: Auch wenn Kli­ma­po­li­tik grund­sätz­lich pro­gres­siv gestal­tet wer­den kann, war das in der Ver­gan­gen­heit nicht immer der Fall. Ver­gan­gene Struk­tur­wan­del­pro­zesse und Über­gänge zu kli­ma­freund­li­chen Tech­no­lo­gien haben Ungleich­hei­ten und soziale Nöte ten­den­zi­ell ver­stärkt (Sova­cool, 2021). Wenn­gleich die Trans­for­ma­tion eine Viel­zahl neuer, grü­ner Arbeits­plätze schafft, kon­zen­trie­ren sich die nega­ti­ven Beschäf­ti­gungs­ef­fekte in Bran­chen und Regio­nen, wel­che infolge von Glo­ba­li­sie­rungs- und Auto­ma­ti­sie­rungs­pro­zes­sen bereits mit ver­gleich­ba­ren Ent­wick­lun­gen kon­fron­tiert waren (Vona, 2018).

Je mehr Men­schen poten­zi­ell von den nega­ti­ven öko­no­mi­schen Effek­ten wie Job­ver­lus­ten oder Preis­stei­ge­run­gen betrof­fen sind, desto eher wird die Bil­dung brei­ter gesell­schaft­li­cher Alli­an­zen ver­hin­dert und eine demo­kra­ti­sche Mobi­li­sie­rung für einen schnel­len und gerech­ten Über­gang erschwert. Dabei sind, wie der Schul­ter­schluss der Bun­des- und Lan­des­po­li­tik in Nord­rhein-West­fa­len mit dem RWE-Kon­zern im Falle Lüt­zer­ath jüngst gezeigt hat, breite Bünd­nisse und Mobi­li­sie­rung not­wen­di­ger denn je, um fos­si­len Inter­es­sen Ein­halt zu gebieten.

Abb. 2: Blo­ckade-Mecha­nis­men der Kli­ma­trans­for­ma­tion durch Ungleichheit

Eckpfeiler einer integrierten Klima- und Verteilungspolitik

Um den Teu­fels­kreis zwi­schen Ungleich­heit und Kli­ma­krise zu durch­bre­chen, scheint es drin­gend gebo­ten, Ungleich­heit bei Aus­wahl und Design der Kli­ma­schutz­maß­nah­men von Anfang an als zen­tral mit­zu­den­ken. Eine sol­che inte­grierte Klima- und Ver­tei­lungs­po­li­tik sollte die zwei Säu­len (i) Reduk­tion von Ungleich­heit und ener­gie­in­ten­si­vem Luxus­kon­sum und (ii) öko­lo­gi­sche Daseins­vor­sorge in das Zen­trum der Trans­for­ma­tion rücken.

Ers­tens sollte ein Ziel sein, Ein­kom­mens- und Ver­mö­gens­kon­zen­tra­tion am obe­ren Ende der Ver­tei­lung zu begren­zen, um somit ener­gie­in­ten­si­ven Luxus­kon­sum zu redu­zie­ren und eine demo­kra­ti­sche Gestal­tung der Trans­for­ma­tion zu ermög­li­chen. Rehm und Chan­cel (2022) schla­gen dafür eine am CO2-Gehalt des Ver­mö­gens ori­en­tierte Ver­mö­gens­steuer vor. Kapel­ler und andere (2021) zei­gen, dass mit einem geschick­ten Design eine pro­gres­sive Ver­mö­gens­steuer in Europa nur die reichs­ten 3% betref­fen, die Finanz­mit­tel für den Green New Deal ver­dop­peln und die Bevöl­ke­rungs­grup­pen, die über­pro­por­tio­nal zur Kli­ma­krise bei­tra­gen, ange­mes­sen an der Finan­zie­rung des Über­gangs betei­li­gen würde.

Gleich­zei­tig dürf­ten Steu­ern in der bis­her dis­ku­tier­ten Grö­ßen­ord­nung kaum pro­hi­bi­tiv auf die über­mä­ßige Nut­zung von weni­ger not­wen­di­gem, aber sehr ener­gie­in­ten­si­vem Kon­sum wir­ken. Folg­lich wäre es eine Mög­lich­keit, die Nach­frage nach ener­gie­in­ten­si­vem Luxus­kon­sum direkt zu adres­sie­ren, z. B. mit einer in der Nut­zungs­in­ten­si­tät stei­gen­den Steuer. Büchs und Mat­tioli (2022) rech­nen vor, dass eine Viel­flug­ge­bühr, die in der Anzahl der Flüge und den ver­ur­sach­ten Emis­sio­nen ansteigt, immer noch pro­gres­siv wirkt. Auch ein indi­vi­du­el­les Limit auf die Anzahl der buch­ba­ren Flüge pro Jahr ist denk­bar und würde die Len­kungs­wir­kung wei­ter erhö­hen. Nicht zuletzt könnte Kon­sum, der in Zei­ten von Ener­gie- und Kli­ma­krise obs­zön erscheint, grund­sätz­lich unter­sagt wer­den. So for­derte Sci­en­tist Rebel­lion kürz­lich ein Ver­bot von Pri­vat­jets, wel­che die Ener­gie­in­ten­si­tät des Flie­gens auf die Spitze trei­ben. Die Ein­spar­po­ten­tiale von nach­fra­ge­sei­ti­gem Kli­ma­schutz sind enorm und wir­ken sich über­wie­gend posi­tiv auf das Wohl­erge­hen aus (Creut­zig et al., 2022).

Kli­ma­schutz und soziale Gerech­tig­keit sind zwei Sei­ten der­sel­ben Medaille

Zwei­tens ist eine öko­lo­gisch aus­ge­rich­tete Sozi­al­po­li­tik not­wen­dig. Diese beinhal­tet zum einen den Aus­bau einer guten, öffent­li­chen Daseins­vor­sorge, um in Kri­sen­zei­ten und einer sich ver­än­dern­den Umwelt allen die mate­ri­el­len Vor­aus­set­zun­gen ange­mes­se­ner Lebens­stan­dards zu ermög­li­chen. Eine aus­ge­baute öffent­li­che Grund­ver­sor­gung würde es zudem erlau­ben, den Ener­gie- und Res­sour­cen­ver­brauch not­wen­di­ger Dienst­leis­tun­gen ins­ge­samt zu redu­zie­ren (Vogel et al., 2021). Zum ande­ren sollte eine öko­lo­gisch aus­ge­rich­tete Sozi­al­po­li­tik vor neuen sozia­len Risi­ken durch Trans­for­ma­ti­ons­pro­zesse, wie etwa Arbeits­platz­ver­lust in der fos­si­len Indus­trie, absi­chern. Hierzu zäh­len neben finan­zi­el­ler Absi­che­rung auch struk­tu­relle indus­trie- und arbeits­markt­po­li­ti­sche Maß­nah­men. Vor­schläge umfas­sen eine sozial-öko­lo­gi­sche Job­ga­ran­tie, Umschu­lungs­maß­nah­men sowie Arbeits­zeit­ver­kür­zun­gen (Boh­nen­ber­ger, 2022). Die Bereit­stel­lung öffent­li­cher Daseins­vor­sorge und die Absi­che­rung gegen neue soziale Risi­ken kann dazu bei­tra­gen, alle Men­schen zur Trans­for­ma­tion zu befä­hi­gen und gesell­schaft­li­che Zustim­mung zu ermöglichen.

Die­ser Bei­trag hat gezeigt, dass Kli­ma­schutz und soziale Gerech­tig­keit zwei Sei­ten der­sel­ben Medaille sind. Auf­grund des kau­sa­len Zusam­men­hangs zwi­schen Ungleich­heit und dem Fort­schrei­ten der Kli­ma­krise ist eine Reduk­tion von Ungleich­heit zen­tral für die Ein­hal­tung der 1.5 Grad-Grenze. Die­ser Weg ver­spricht, die pri­mär poli­ti­schen Hin­der­nisse der Kli­ma­trans­for­ma­tion abzu­bauen und die gesell­schaft­li­che Mach­bar­keit einer schnel­len Trans­for­ma­tion zu erleichtern.

Die Politische Ökonomie der Ungleichheit

Das Pro­mo­ti­ons­kol­leg „Die Poli­ti­sche Öko­no­mie der Ungleich­heit“ unter­sucht Aus­maß, Ursa­chen und Fol­gen stei­gen­der sozio­öko­no­mi­scher Ungleich­heit. Mate­ri­elle Unter­schiede ste­hen dabei im Mit­tel­punkt, wer­den aber stets in Zusam­men­hang zu poli­ti­schen, sozia­len und öko­lo­gi­schen Aspek­ten gesetzt. Die For­schungs­pra­xis ist von einem inter­dis­zi­pli­nä­ren und anwen­dungs­ori­en­tier­ten sozio­öko­no­mi­schen Ansatz geprägt. Zur Über­sicht aller Blog­bei­träge der Mit­glie­der aus dem Promotionskolleg

Die­ser Bei­trag wurde zunächst auf makronom.de ver­öf­fent­licht.

Kurz zusammengefasst

Neuere For­schungs­be­funde zei­gen auf, dass höhere Ungleich­heit auch ursäch­lich für die Kli­ma­krise ist und somit bei der Begren­zung der Kli­ma­ka­ta­stro­phe nicht außer Acht gelas­sen wer­den darf. Weil eine gerin­gere Ungleich­heit die Trans­for­ma­tion zu einer kli­ma­neu­tra­len Ver­sor­gung erleich­tert, ist eine inte­grierte Klima- und Ver­tei­lungs­po­li­tik nicht nur gesell­schaft­lich wert­vol­ler oder gerech­ter, son­dern auch kli­ma­po­li­tisch effek­ti­ver. Dabei zei­gen Mecha­nis­men auf drei Ebe­nen einen Zusam­men­hang zwi­schen Ver­tei­lungs- und Kli­ma­po­li­tik auf: Auf der Ebene des Kon­sums würde bei gerin­ge­rer Ungleich­heit die Reduk­tion von Co2-inten­si­vem Luxus­kon­sum einen mög­li­chen Mehr­kon­sum durch Per­so­nen mit bis­her gerin­gem Ein­kom­men über­kom­pen­sie­ren. Auf der Ebene der Pro­duk­tion würde ange­sichts der Kon­zen­tra­tion öko­no­mi­scher Ent­schei­dun­gen und den Mög­lich­kei­ten demo­kra­ti­scher Ein­fluss­nahme die Reduk­tion der Ver­mö­gens­kon­zen­tra­tion die demo­kra­ti­sche Kon­trolle über die Trans­for­ma­tion erleich­tern. Auf der gesell­schaft­li­chen Ebene würde bei gerin­ge­rer Ungleich­heit weni­ger Mobi­li­sie­rungs­po­ten­tial gegen Kli­ma­schutz bestehen, weil Sor­gen um die eigene soziale Lage im Zuge von Kli­ma­po­li­tik an Bedeu­tung ver­lie­ren düf­ten. Aus die­sen Grün­den sollte Ungleich­heit bei Aus­wahl und Design von Kli­ma­schutz­maß­nah­men von Anfang an mit­ge­dacht wer­den: zum Einen bei der Reduk­tion von Ein­kom­mens- und Ver­mö­gens­kon­zen­tra­tion und ener­gie­in­ten­si­vem Luxus­kon­sum an der Spitze der Ver­tei­lung, etwa durch Ver­mö­gens­be­steue­rung und gezielte Besteue­rung von sehr ener­gie­in­ten­si­vem Kon­sum, z. B. durch eine Viel­flug­ge­bühr oder auch ein Ver­bot von Pri­vat­jets. Zum ande­ren wäre eine Poli­tik der öko­lo­gi­schen Daseins­vor­sorge von zen­ta­ler Bedeu­tung, die sich auf ein Bün­del von Ein­zel­maß­nah­men stüt­zen könnte.