Die Debatte drängt! Von mora­li­sche Dimen­sion des Koope­ra­ti­ons- vs. Wettbewerbsprinzips.

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Koope­ra­tion und Wett­be­werb spie­len beide eine Schlüs­sel­rolle für die wirt­schaft­li­che Ver­sor­gung. Koope­ra­tion ist nicht nur ent­schei­dend, um die gemein­same Pro­duk­tion in Haus­hal­ten und Unter­neh­men zu erleich­tern (und dadurch Effi­zi­enz­ge­winne durch Spe­zia­li­sie­rung und stei­gende Ska­len­er­träge zu erzie­len), son­dern auch, um Kon­stel­la­tio­nen zu über­win­den, in denen indi­vi­du­elle Anreize zu nach­tei­li­gen oder ungüns­ti­gen Ergeb­nis­sen füh­ren (d. h. „gefangenendilemmaähnliche“-Konstellationen). In die­sem Sinne spielt die Koope­ra­tion eine Schlüs­sel­rolle bei der Lösung von Koor­di­na­ti­ons­pro­ble­men, die der Bereit­stel­lung öffent­li­cher Güter oder der Auf­recht­erhal­tung sozia­ler Regeln zugrunde lie­gen. Nichts­des­to­trotz spielt auch der Wett­be­werb eine nütz­li­che Rolle – z. B. um das Ent­ste­hen glo­ba­ler oder loka­ler Mono­pole zu ver­hin­dern oder um Trial-error-Pro­zesse zu ermög­li­chen, die zur Ver­bes­se­rung und zuneh­men­den Viel­falt von Pro­duk­ten und Dienst­leis­tun­gen bei­tra­gen. Auch in der Poli­tik ist die Prä­senz und Sicht­bar­keit kon­kur­rie­ren­der Ideen uner­läss­lich, um kon­krete Alter­na­ti­ven zu for­mu­lie­ren, die wie­derum zur Ver­bes­se­rung der öffent­li­chen Dienst­leis­tun­gen oder der Regu­lie­rung bei­tra­gen können.

Hete­ro­dox Eco­no­mics Newsletter

Der Hete­ro­dox Eco­no­mics News­let­ter wird her­aus­ge­ge­ben von Jakob Kapel­ler und erscheint im drei­wö­chent­li­chen Rhyth­mus mit Neu­ig­kei­ten aus der wis­sen­schaft­li­chen Com­mu­nity mul­ti­pa­ra­dig­ma­ti­scher öko­no­mi­scher Ansätze. Der News­let­ter rich­tet sich an einen Kreis von mehr als 7.000 Empfänger*innen und zählt schon weit mehr als 250 Ausgaben.

Diese ein­fa­che Ein­sicht, dass Wohl­stand und Fort­schritt bei­des brau­chen – Koope­ra­tion und Wett­be­werb – kann in einer Viel­zahl von Kon­tex­ten ange­wen­det wer­den: In Bezug auf den vor­herr­schen­den Main­stream-Ansatz in den Wirt­schafts­wis­sen­schaf­ten kön­nen wir eine gewisse Span­nung zwi­schen dem theo­re­ti­schen Ideal des wohl­fahrts­op­ti­mie­ren­den Markt­wett­be­werbs und der empi­ri­schen Beob­ach­tung fest­stel­len, dass nur sehr wenige tat­säch­li­che Märkte die­sem theo­re­ti­schen Ideal ent­spre­chen. Inner­halb der hete­ro­do­xen Öko­no­mie kön­nen wir beob­ach­ten, wie manch­mal kon­kur­rie­rende Hypo­the­sen oder poli­ti­sche Stand­punkte in einen eher koope­ra­ti­ven, plu­ra­lis­ti­schen Dis­kurs ein­ge­bet­tet sind. Wenn wir schließ­lich über wirt­schaft­li­che und soziale Her­aus­for­de­run­gen nach­den­ken, kön­nen wir ver­su­chen, die grund­le­gen­den Merk­male die­ser Her­aus­for­de­run­gen zu bewer­ten, um dar­aus zu schlie­ßen, ob wir ihnen mit koope­ra­ti­ven oder kom­pe­ti­ti­ven Stra­te­gien begeg­nen sollten.

Die Kli­ma­er­wär­mung zum Bei­spiel ist ein ziem­lich ein­deu­ti­ges kol­lek­ti­ves Hand­lungs­pro­blem, das lang­fris­tig koope­ra­tive Lösun­gen erfor­dert. Vor­aus­set­zung für eine sol­che Zusam­men­ar­beit ist Ver­trauen, das durch die Signa­li­sie­rung von Koope­ra­ti­ons­be­reit­schaft (z. B. durch tit-for-tat-ähn­li­che Stra­te­gien) geför­dert wer­den kann. Vor allem aus dem letzt­ge­nann­ten Grund – der Not­wen­dig­keit, Koope­ra­ti­ons­be­reit­schaft zu signa­li­sie­ren, ins­be­son­dere sei­tens der rei­che­ren und mäch­ti­ge­ren Län­der – bin ich der Mei­nung, dass die rei­chen Län­der eine starke Ver­pflich­tung haben, die not­wen­dige sozial-öko­lo­gi­sche Trans­for­ma­tion zu beschleu­ni­gen und viel grö­ßere Risi­ken einzugehen.

Da die­ses Argu­ment eher funk­tio­nal ist, kann es mit ande­ren Argu­men­ten kon­tras­tiert wer­den, z.B. mit der Fest­stel­lung, dass ein Groß­teil der his­to­ri­schen Umwelt­ver­schmut­zung von den Indus­trie­län­dern ver­ur­sacht wurde oder dass die damit ver­bun­de­nen kolo­nia­len Abhän­gig­kei­ten noch lange nicht über­wun­den sind. Und in der Tat ent­steht Koope­ra­tion oder Wett­be­werb in den meis­ten Fäl­len nicht spon­tan, son­dern bauen auf einer Geschichte ver­gan­ge­ner Inter­ak­tio­nen auf, und diese Geschichte wirkt sich auf das Ver­trauen und die Bereit­schaft zur Koope­ra­tion aus (ein Merk­mal, das manch­mal als „indi­rekte Rezi­pro­zi­tät“ bezeich­net wird). Aus die­ser Per­spek­tive ist die Wirt­schafts­wis­sen­schaft tat­säch­lich eine mora­li­sche Wissenschaft.

Diese mora­li­sche Dimen­sion wirkt sich auch auf die Frage der Kli­ma­er­wär­mung aus. Da sich die rei­chen Län­der in der Ver­gan­gen­heit häu­fig für einen wett­be­werbs­ori­en­tier­ten Ansatz ent­schie­den haben, um ihren eige­nen Vor­teil zu för­dern, scheint es eher unwahr­schein­lich, dass ein ein­fa­ches „Signal für Zusam­men­ar­beit“ als bahn­bre­chen­des, spiel­ver­än­dern­des Ereig­nis fun­gie­ren kann. Aber auch wenn die Erfolgs­wahr­schein­lich­keit gering erscheint, fürchte ich, dass wir ohne Alter­na­tive daste­hen. Die rei­chen Län­der müs­sen schnell han­deln und ver­su­chen, einen grund­le­gen­den Wan­del in Gang zu set­zen, der letzt­end­lich nicht nur ihre wirt­schaft­li­chen Ver­sor­gungs­sys­teme umge­stal­ten, son­dern auch als ers­ter und längst über­fäl­li­ger Schritt die­nen könnte, um sich teil­weise für die Ära des Kolo­nia­lis­mus und Impe­ria­lis­mus zu reha­bi­li­tie­ren. Aller­dings wer­den die poli­ti­schen Maß­nah­men, die für einen sol­chen Wan­del erfor­der­lich sind, mit jeder Minute radikaler…

Beei­len wir uns also und geben wir unser Bestes,

Jakob
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PS: Wenn Sie jetzt anfan­gen wol­len, tie­fer über mög­li­che Trans­for­ma­ti­ons­stra­te­gien nach­zu­den­ken, fin­den Sie hier zwei wei­tere kon­zep­tio­nelle Papiere, die einen guten Aus­gangs­punkt bie­ten, indem sie die aktu­el­len Vor­schläge auf einer all­ge­mei­nen Ebene (hier) sowie aus einer Finanz­per­spek­tive (hier) dar­stel­len.

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