Hete­ro­doxe Wis­sen­schaft­ler ver­öf­fent­li­chen immer häu­fi­ger in inter­dis­zi­pli­nä­ren Jour­nals mit einer brei­ten natur­wis­sen­schaft­li­chen Leserschaft.

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„Ihre Absicht ist offen­sicht­lich gegen die Kul­tur gerich­tet, und Gott weiß, dass die gegen­wär­tige Kul­tur geän­dert wer­den muss.“

(Robert Solow in einem frü­hen Brief an die Grün­der der Review of Keyne­sian Economics)

Obwohl das obige Zitat mehr als ein Jahr­zehnt alt ist – die Review of Keyne­sian Eco­no­mics hat bereits den 11. Band her­aus­ge­bracht -, ist der Kern von Solows Aus­sage immer noch gut geeig­net, um den gegen­wär­ti­gen Zustand unse­rer Dis­zi­plin zu beschrei­ben. Die Grün­dung der Review of Keyne­sian Eco­no­mics ähnelt zudem einem lang­fris­ti­gen his­to­ri­schen Trend der „hete­ro­do­xen Zeit­schrif­ten-Dia­spora“, der wahr­schein­lich in den 1960er Jah­ren begann (als das Jour­nal of Eco­no­mic Issues und die Review of Radi­cal Poli­ti­cal Eco­no­mics als erste Reak­tio­nen auf die zuneh­mende Abschot­tung und Igno­ranz des Main­streams entstanden).

Hete­ro­dox Eco­no­mics Newsletter

Der Hete­ro­dox Eco­no­mics News­let­ter wird her­aus­ge­ge­ben von Jakob Kapel­ler und erscheint im drei­wö­chent­li­chen Rhyth­mus mit Neu­ig­kei­ten aus der wis­sen­schaft­li­chen Com­mu­nity mul­ti­pa­ra­dig­ma­ti­scher öko­no­mi­scher Ansätze. Der News­let­ter rich­tet sich an einen Kreis von mehr als 7.000 Empfänger*innen und zählt schon weit mehr als 250 Ausgaben.

Wäh­rend die Schaf­fung hete­ro­do­xer Kanäle von gro­ßer Bedeu­tung ist, um die innere Ent­wick­lung hete­ro­do­xen Den­kens und Theo­re­ti­sie­rens vor­an­zu­trei­ben, benö­tigt jede erfolg­rei­che Gegen­kul­tur nicht nur eine sol­che sichere Basis, son­dern auch Mit­tel, um brei­tere Netz­werke und, zumin­dest gele­gent­lich, eine breite Sicht­bar­keit zu schaf­fen. In die­sem Zusam­men­hang kön­nen wir beob­ach­ten, dass es hete­ro­do­xen Wis­sen­schaft­lern gele­gent­lich gelingt, eine sol­che Sicht­bar­keit zu errei­chen, indem sie in hoch ange­se­he­nen inter­dis­zi­pli­nä­ren Zeit­schrif­ten mit einer star­ken Basis in den Natur­wis­sen­schaf­ten wie „Sci­ence“ oder „Nature“ ver­öf­fent­li­chen (Bei­spiele fin­den sich hier, hier, hier oder dort; letz­te­res ist ein beson­ders aktu­el­les Beispiel).

Ange­sichts des lang­sa­men Wan­dels inner­halb der Wirt­schafts­wis­sen­schaft könn­ten sol­che Aus­stiegs­mög­lich­kei­ten von hete­ro­do­xen Wis­sen­schaft­lern ver­schie­de­ner Rich­tun­gen wahr­schein­lich stär­ker wahr­ge­nom­men wer­den – und auch dazu bei­tra­gen, den Wan­del inner­halb der Wirt­schafts­wis­sen­schaf­ten zu beschleu­ni­gen, da sol­che „all­ge­mei­ne­ren“ Bei­träge vom Main­stream nicht so leicht igno­riert wer­den wie eine Ver­öf­fent­li­chung in einem klas­si­schen hete­ro­do­xen Magazin.

Abschlie­ßend kann man fest­stel­len, dass diese zusätz­li­che Aus­stiegs­mög­lich­keit durch­aus damit zusam­men­hän­gen könnte, dass die dis­zi­pli­nä­ren Gren­zen zwi­schen hete­ro­do­xer Öko­no­mie und den Natur­wis­sen­schaf­ten weni­ger eng wer­den. Ich erin­nere mich, dass es vor zwan­zig Jah­ren sehr viel schwie­ri­ger war, Kol­le­gen aus den Natur­wis­sen­schaf­ten davon zu über­zeu­gen, dass ein Groß­teil der Stan­dard­öko­no­mie dem gesell­schaft­li­chen Fort­schritt im Wege steht. Vor dem Hin­ter­grund der Art und Weise, wie die Main­stream-Wirt­schafts­wis­sen­schaf­ten das Pro­blem der fort­schrei­ten­den Kli­ma­er­wär­mung ange­hen, hat sich jedoch in allen Wis­sen­schafts­zwei­gen die Ein­sicht durch­ge­setzt, dass etwas grund­sätz­lich im Wider­spruch zur Öko­no­mie steht. Infol­ge­des­sen ver­schie­ben sich die pro­blem­ori­en­tier­ten Gren­zen der (inter)disziplinären aka­de­mi­schen Kon­ver­sa­tion, was neue und wahr­schein­lich drin­gend benö­tigte Mög­lich­kei­ten für die Schaf­fung einer – drin­gend benö­tig­ten – „Gegen­kul­tur“ bietet.

Alles Gute und ein fro­hes neues Jahr,

Jakob
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