Über den Wan­deln der „Ame­ri­can Eco­no­mic Asso­cia­tion“ und was wir selbst tun kön­nen und sollten.

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(Man­gelnde) Diver­si­tät in den Wirt­schafts­wis­sen­schaf­ten ist nach wie vor ein gro­ßes Pro­blem der Dis­zi­plin, das im Hete­ro­dox Eco­no­mics News­let­ter regel­mä­ßig auf unter­schied­li­che Weise ange­spro­chen wird (z.B. hier, hier oder hier). Dabei bezieht sich die Sorge um die Viel­falt nicht nur auf per­sön­li­che Eigen­schaf­ten und Iden­ti­tä­ten von For­schern, son­dern auch auf andere Aspekte des aka­de­mi­schen Lebens – die Art und Weise, wie wir mit­ein­an­der kom­mu­ni­zie­ren, die Prio­ri­tä­ten, mit denen wir bestimm­ten The­men oder Argu­men­ten Bedeu­tung bei­mes­sen, die Poli­tik, mit der wir unsere Insti­tu­tio­nen lei­ten, oder die Per­spek­ti­ven, die wir in unse­rer Lehre betonen.

Hete­ro­dox Eco­no­mics Newsletter

Der Hete­ro­dox Eco­no­mics News­let­ter wird her­aus­ge­ge­ben von Jakob Kapel­ler und erscheint im drei­wö­chent­li­chen Rhyth­mus mit Neu­ig­kei­ten aus der wis­sen­schaft­li­chen Com­mu­nity mul­ti­pa­ra­dig­ma­ti­scher öko­no­mi­scher Ansätze. Der News­let­ter rich­tet sich an einen Kreis von mehr als 7.000 Empfänger*innen und zählt schon weit mehr als 250 Ausgaben.

Eine in die­sem Zusam­men­hang bedeut­same Ver­än­de­rung, auf die wir hier schon vor eini­ger Zeit hin­ge­wie­sen haben, betrifft die Ände­rung der Poli­tik der AEA, die sich für eine stär­kere Aner­ken­nung und Sen­si­bi­li­sie­rung für Fra­gen der Viel­falt und der damit ver­bun­de­nen Schich­tungs­pro­zesse sowohl im aka­de­mi­schen Bereich als auch in der Wirt­schaft ein­setzt (was sich auch in der Ein­füh­rung die­ses Ver­hal­tens­ko­dex wider­spie­gelt). In Anbe­tracht des gro­ßen Gewichts der AEA-Zeit­schrif­ten halte ich diese Ver­än­de­rung für ziem­lich bedeut­sam und bemer­kens­wert, zumal sich diese Ver­schie­bung in der Poli­tik offen­bar auch auf eine der oben erwähn­ten Kern­di­men­sio­nen aus­wirkt, näm­lich auf das, was in den Main­stream-Medien als wich­tig erach­tet wird. Einige inter­es­sante Arti­kel aus jüngs­ter Zeit sind ein Bei­spiel dafür, dass Fra­gen der Dis­kri­mi­nie­rung und ihrer his­to­ri­schen und gegen­wär­ti­gen Aus­wir­kun­gen in den wich­tigs­ten Fach­zeit­schrif­ten der Dis­zi­plin grö­ßere Prio­ri­tät ein­ge­räumt wird (siehe z. B. hier oder hier). Ein bemer­kens­wer­ter Arti­kel über „Racial Iso­la­tion and Mar­gi­na­liza­tion of Eco­no­mic Rese­arch on Race and Crime“, der detail­liert auf­zeigt, wie und in wel­chem Aus­maß der Bei­trag schwar­zer Wis­sen­schaft­ler unter­be­wer­tet und über­se­hen wird, fin­det sich auch in einer der jün­ge­ren Aus­ga­ben des Jour­nal of Eco­no­mic Lite­ra­ture. Ich denke, dies ist ein Hin­weis dar­auf, dass die AEA tat­säch­lich ver­sucht, ihren Ver­pflich­tun­gen nach­zu­kom­men, zumin­dest gelegentlich ;-)

Was die hete­ro­doxe For­schung zu die­sen The­men angeht, ent­hält die aktu­elle Aus­gabe des News­let­ters zwei hoch­in­ter­es­sante Auf­rufe – einen für einen Online-Work­shop zur Vor­be­rei­tung des „Cam­bridge Com­pa­n­ion to Women’s Eco­no­mic Thought“ und einen wei­te­ren für einen Sam­mel­band über „Deco­lo­nial Nar­ra­ti­ves in Eco­no­mics: Alter­na­tive and Under­re­pre­sen­ted Voices“, der eben­falls dar­auf abzielt, die Über­schnei­dun­gen zwi­schen Viel­falt und Plu­ra­lis­mus im öko­no­mi­schen Den­ken zu untersuchen.

Und schließ­lich kann ich den Lesern, die mehr daran inter­es­siert sind, zu einer grö­ße­ren Viel­falt in den Wirt­schafts­wis­sen­schaf­ten bei­zu­tra­gen, indem sie über ihre eigene Lehre nach­den­ken, die­sen sehr schö­nen Arti­kel von Sarah F. Small emp­feh­len, der ein äußerst hilf­rei­ches Instru­ment für eine sol­che Refle­xion in Bezug auf die Geschichte der Gedan­ken­ele­mente ist, die in der eige­nen Lehre ent­hal­ten sind oder auf die ver­wie­sen wird. Mei­ner beschei­de­nen Mei­nung nach leis­ten Res­sour­cen wie diese einen bedeu­ten­den Bei­trag zu einem ande­ren Aspekt der oben erwähn­ten Viel­falt in der Wirt­schafts­wis­sen­schaft – den Per­spek­ti­ven und Bei­trä­gen, die in unse­rer Lehre hervorgehoben

wer­den – und daher würde ich mir mehr sol­cher hilf­rei­chen Leit­fä­den wün­schen, die diese Art der Refle­xion ein­fa­cher und weni­ger kost­spie­lig machen, denn wir müs­sen zuge­ben: große Teile der Geschichte der (hete­ro­do­xen) Wirt­schafts­wis­sen­schaft wer­den immer noch mit einem wei­ßen & männ­li­chen Blick geschrieben…

Mit freund­li­chen Grüßen,

Jakob
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