Die Bun­des­re­gie­rung setzt wie­der stär­ker auf fos­sile, statt auf erneu­er­bare Ener­gie. Doch Nähe zur Gas­lobby hat bereits ihre Vor­gän­ge­rin gezeigt.

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ie neue Wirt­schafts­mi­nis­te­rin Rei­che for­ciert den Aus­bau von Gas­kraft­wer­ken, wäh­rend sie die Ener­gie­wende aus­bremst. An den natio­nal und inter­na­tio­nal ver­ein­bar­ten Kli­ma­zie­len hält die Bun­des­re­gie­rung nur noch for­mal fest, erreicht wer­den sie nach ein­hel­li­ger Ein­schät­zung der Kli­ma­wis­sen­schaft wohl kaum.

Nach den aktu­el­len Plä­nen sol­len bis zu 40 neue Gas­kraft­werke ent­ste­hen, Sub­ven­tio­nen für pri­vate Solar­pa­nels sol­len gestri­chen und auch die Was­ser­stoff­aus­bau­ziele der Ampel-Regie­rung auf­ge­ge­ben wer­den. Was auf den ers­ten Blick wie eine plötz­li­che Kehrt­wende in puncto Ener­gie­po­li­tik wirkt, ist eigent­lich nur das Finale einer über­aus erfolg­rei­chen Come-Back-Stra­te­gie der Gas­in­dus­trie, die schon wäh­rend der Ampel-Regie­rung zu beob­ach­ten war. Aber der Reihe nach.

Ein Blick zurück – Die Gasindustrie unter Druck

Mit der Ver­ab­schie­dung des Pari­ser Kli­ma­ab­kom­mens 2015 und dem dar­auf­fol­gen­den Euro­pean Green Deal 2019 war abseh­bar, dass ein Aus­stieg aus allen fos­si­len Ener­gien unaus­weich­lich wird. So folgte dann auch 2020 in Deutsch­land das »Koh­le­aus­stiegs­ge­setz«, wel­ches dem beson­ders kli­ma­schäd­li­chen Brenn­stoff Kohle bis spä­tes­tens 2038 ein Ende berei­ten sollte. Der Gas­in­dus­trie gelang es zunächst, kon­krete Gas­aus­stiegs­de­bat­ten zu ver­hin­dern und Gas als »sau­bere Brü­cken­tech­no­lo­gie« zu insze­nie­ren. Gas wurde von Unter­neh­men wie Uni­per als »emis­si­ons­arm« und »sau­ber« sowie als »idea­ler Part­ner für Wind- und Solar­ener­gie« geframed (siehe Tabelle 1). Obwohl die Rolle von Gas in der Ener­gie­wende von Anfang an wis­sen­schaft­lich umstrit­ten war, setzte sich das Brü­cken­tech­no­lo­gie-Nar­ra­tiv inner­halb der poli­ti­schen Eli­ten zunächst durch. Die lang­fris­tige Zukunft des Gas­sek­tors blieb aber unge­wiss. Denn schon damals wie­sen Kli­ma­wis­sen­schaft­le­rin­nen und ‑wis­sen­schaft­ler dar­auf hin, dass Gas­kraft­werke nur in der Ver­bren­nung weni­ger CO2 aus­sto­ßen als Koh­le­kraft­werke. Neue Stu­dien zei­gen, dass ins­be­son­dere bei Frack­ing und lan­gen Trans­port­we­gen die Kli­ma­bi­lanz von Gas sogar deut­lich schlech­ter aus­fällt als bei Öl oder Kohle.

Der Autor

Bjarne Beh­rens ist Dok­to­rand am Col­lege for Social Sci­en­ces and Huma­ni­ties der Uni­ver­si­täts­al­li­anz Ruhr und am Insti­tut für Sozio­öko­no­mie der Uni­ver­si­tät Duis­burg-Essen. Er ist Mit­glied der For­schungs­gruppe »Poli­ti­sche Öko­no­mie der Ungleichheit«.

Das Wasserstoffnarrativ als Weg aus der Defensive

Ergän­zend zum Brü­cken­tech­no­lo­gie-Nar­ra­tiv bedient sich die Gas­in­dus­trie daher seit 2018 zuneh­mend des Was­ser­stoff­nar­ra­tivs. Das zeigt auch eine Aus­wer­tung der Kom­mu­ni­ka­ti­ons­stra­te­gien von Uni­per, dem Bun­des­ver­band der Ener­gie- und Was­ser­wirt­schaft (BDEW) – der wich­tigste Lob­by­ver­band der Gas­in­dus­trie – sowie der Deut­schen Ener­gie Agen­tur (dena) als Schnitt­stelle zwi­schen Poli­tik und Indus­trie. Bei­spiel­haft dafür steht der deut­li­che Anstieg des The­mas Was­ser­stoff in den Nach­hal­tig­keits­be­rich­ten des Gas­kon­zerns Uni­per (Abbil­dung 1). Den Ver­spre­chen der Gas­in­dus­trie zufolge sei Was­ser­stoff die Lösung für alles, ob für den Indus­trie­sek­tor, Wär­me­ver­sor­gung oder Mobi­li­tät: Mit dem Aus­tausch des Ener­gie­trä­gers könne die Dekar­bo­ni­sie­rung dem­nach ohne große Ein­schnitte umge­setzt werden.

Tabelle 1: Narrative von Uniper

Kate­go­rie Nar­ra­tiv Bei­spiel Ver­wen­dung im Nachhaltigkeitsbericht
Kohle Effi­zi­ente Koh­le­kraft­werke unter­stüt­zen die Energiewende. „Unsere neuen Koh­le­kraft­werke, wie Maas­vl­akte 3 in den Nie­der­lan­den und Dat­teln 4 in Deutsch­land […], set­zen Maß­stäbe in der Bran­che hin­sicht­lich Effi­zi­enz und Umwelt­ver­träg­lich­keit.“ (Uni­per 2016, S. 6) 2016
Gas Gas ist die Lösung für die Dekar­bo­ni­sie­rung der Wirtschaft. „Erd­gas ist mit sei­nen gerin­gen Emis­sio­nen der ideale Part­ner für Wind- und Solar­ener­gie.“ (Uni­per 2016, S.6) 2016, 2017, 2018, 2019, 2020, 2021, 2022
Was­ser­stoff Was­ser­stoff ist die Lösung für die Dekar­bo­ni­sie­rung der Wirtschaft. Wir glau­ben, dass emis­si­ons­ar­mer Was­ser­stoff eine Schlüs­sel­rolle bei der Dekar­bo­ni­sie­rung spie­len und neue Geschäfts­mög­lich­kei­ten bie­ten kann, ins­be­son­dere im Bereich Mobi­li­tät, aber auch in den Berei­chen Hei­zen, Indus­trie, Strom­erzeu­gung und ande­ren Sek­to­ren“ (Uni­per 2018, S. 16) 2018, 2019, 2021, 2022

Um bewer­ten zu kön­nen, inwie­fern die Ver­spre­chen der Gas­in­dus­trie als Wunsch­den­ken oder als rea­lis­tisch erwart­ba­rer Fort­schritt ein­zu­stu­fen sind, wur­den die Argu­mente der Gas­in­dus­trie in der Stu­die ent­lang von acht Dimen­sio­nen auf ihre Wis­sen­schaft­lich­keit hin über­prüft. Das Ergeb­nis: Alle ana­ly­sier­ten Quel­len der Gas­in­dus­trie wei­chen min­des­tens in der Hälfte der Dimen­sio­nen vom wis­sen­schafts­ba­sier­ten Dis­kurs ab. Es ist daher davon aus­zu­ge­hen, dass das Was­ser­stoff­nar­ra­tiv eine Stra­te­gie der fos­si­len Indus­trie dar­stellt, die dazu dient, aus der Defen­sive zu kom­men und sich als Teil der Lösung und als Umset­zer einer grü­nen Trans­for­ma­tion insze­nie­ren zu können.

Hoffnungsträger Wasserstoff?

Erwähnungen von „Wasserstoff“ in den Nachhaltigkeitsberichten von Uniper, 2016–2022

Dabei ver­sucht die fos­sile Indus­trie gezielt, die Unter­schiede zwi­schen aus erneu­er­ba­rem Strom pro­du­zier­ten grü­nen und durch fos­si­les Gas pro­du­zier­ten Was­ser­stoff zu ver­schlei­ern. Dafür wurde der Begriff »CO2-armer Was­ser­stoff« erfun­den, wel­cher auf fos­si­lem Gas basiert, aber durch CO2-Abschei­dung und Spei­che­rung im Unter­grund (Car­bon Cap­ture and Sto­rage, CCS) als kli­ma­scho­nend dekla­riert wird. Inwie­fern CCS im gro­ßen Maß­stab ein­setz­bar, wett­be­werbs­fä­hig und mit Umwelt­be­stim­mun­gen ver­ein­bar ist, ist aller­dings umstrit­ten und wis­sen­schaft­lich bis­lang nicht belegt. Es bie­tet der fos­si­len Indus­trie aber die Mög­lich­keit, bestehende Infra­struk­tu­ren wei­ter zu nut­zen und am fos­si­len Geschäfts­mo­dell festzuhalten.

Tabelle 2: Klassifikation des Wasserstoffnarrativs

Was­ser­stoff als Teil der Lösung (wis­sen­schafts­ba­sier­ter Diskurs) Was­ser­stoff als die Lösung für alles (Nar­ra­tiv der Gasindustrie)
Infra­struk­tur Teile der Gas­in­fra­struk­tur kön­nen wei­ter­be­nutzt wer­den, aber ins­ge­samt hohe Inves­ti­ti­ons­kos­ten in Umrüs­tung (SRU 2021, S. 74). Die Gas­in­fra­struk­tur ist bereits wasserstofffähig.
Indus­trie Was­ser­stoff kann Gas in bestimm­ten Sek­to­ren erset­zen, u.a. in der Stahl- und Che­mie­pro­duk­tion (SRU 2021, S.7). Was­ser­stoff kann fos­sile Brenn­trä­ger in allen Indus­trie­sek­to­ren ersetzen.
Wär­me­ver­sor­gung Wär­me­pum­pen sind effi­zi­en­ter als Was­ser­stoff­hei­zun­gen, daher wird Was­ser­stoff keine Rolle spie­len in der Wär­me­ver­sor­gung (SRU 2021, S.7). Was­ser­stoff spielt eine wich­tige Rolle für die Wärmeversorgung.
Trans­port Was­ser­stoff wird für den inter­na­tio­na­len Schiffs­ver­kehr und Flug­sek­tor, aber nicht für den moto­ri­sier­ten Indi­vi­du­al­ver­kehr eine Rolle spie­len (SRU 2021, S.7) Was­ser­stoff kann fos­sile Ener­gie­trä­ger im Trans­port­sek­tor ersetzen.
Ener­gie­sek­tor Was­ser­stoff wird keine Rolle in der Ener­gie­pro­duk­tion spie­len, son­dern ledig­lich in der Spei­che­rung (SRU 2021, S.40) Gas­kraft­werke kön­nen per­spek­ti­visch mit Was­ser­stoff betrie­ben werden.
Umsetz­bar­keit Tech­ni­sche Ein­schrän­kun­gen: Viele Anwen­dun­gen exis­tie­ren noch nicht, sind bis­lang zu teuer oder müs­sen noch wei­ter­ent­wi­ckelt wer­den (SRU 2021, S.79) Tech­no­lo­gi­scher Opti­mis­mus: Was­ser­stoff­wirt­schaft ist machbar.
Ver­füg­bar­keit Was­ser­stoff wird knapp und teuer blei­ben (SRU 2021, S.14) Was­ser­stoff­be­darf kann durch Importe gedeckt werden.
Her­stel­lung Mit fos­si­lem Gas pro­du­zier­ter Was­ser­stoff stellt keine Über­gangs­lö­sung dar. Nur grü­ner Was­ser­stoff trägt zur Dekar­bo­ni­sie­rung der Wirt­schaft bei (SRU 2021, S.5). CO2-armer Was­ser­stoff ist eine gute Übergangslösung.

Die Energiekrise als Wendepunkt in der Energiepolitik

Im Herbst 2021 begann in Deutsch­land die Ener­gie­krise, die sich im Früh­jahr 2022 mit dem Aus­bruch des Ukrai­ne­krie­ges wei­ter zuspitzte. Es ging vor allem die Sorge um, dass nicht genü­gend Gas vor­han­den sei, nach­dem große Teile der Importe weg­ge­bro­chen sind. In Zei­tun­gen wurde vor kal­ten Woh­nun­gen im Win­ter gewarnt und auch Indus­trie­ver­tre­te­rin­nen und ‑ver­tre­ter mach­ten Druck, dass die Regie­rung jetzt han­deln müsse, um eine Rezes­sion im Zuge einer mög­li­chen Gas­man­gel­lage zu ver­hin­dern. Damit tat sich für die Gas­in­dus­trie ein ent­schei­den­des Gele­gen­heits­fens­ter auf, wel­ches sie geschickt für sich zu nut­zen wusste. Die Ampel-Regie­rung und ins­be­son­dere der dama­lige Wirt­schafts- und Kli­ma­mi­nis­ter Robert Habeck woll­ten sich auf kei­nen Fall vor­wer­fen las­sen, die Wirt­schaft gegen die Wand zu fah­ren. Tat­säch­lich hatte sich die Regie­rung trotz jah­re­lan­ger Kri­tik und War­nun­gen aus dem Aus­land, sich nicht von Putin abhän­gig zu machen, auf zuver­läs­sige Lie­fe­run­gen rus­si­schen Gases ver­las­sen, ohne jeg­li­che Vor­keh­rung für des­sen Aus­fall zu tref­fen. Um die feh­lende Vor­sorge zu kaschie­ren und sich selbst als Macher in Zei­ten der Krise zu insze­nie­ren, wollte das Bun­des­wirt­schafts­mi­nis­te­rium (BMWK) nun beson­ders schnell handeln.

Da kam es auch der Poli­tik gele­gen, dass die Gas­in­dus­trie schon seit Jah­ren Pläne für den Bau für LNG-Ter­mi­nals in der Schub­lade hatte: eine Win-Win-Situa­tion – zumin­dest für Poli­tik und Indus­trie. Denn anstatt die Ener­gie­krise zu nut­zen, um die Ener­gie­wende vor­an­zu­trei­ben, Wär­me­pum­pen zu för­dern oder den Gas­ver­brauch in der Indus­trie zu sen­ken, traf sich das BMWK von nun an öfters mit der fos­si­len Lobby. In Inter­views haben mir Bran­chen­ver­tre­te­rin­nen und ‑ver­tre­ter mit­ge­teilt, dass sich die Bun­des­re­gie­rung seit der rus­si­schen Inva­sion wöchent­lich mit den wich­tigs­ten Ver­tre­tern der Gas­in­dus­trie getrof­fen haben soll, zum Teil sogar häu­fi­ger. Für Umwelt­ver­bände oder andere zivil­ge­sell­schaft­li­che Orga­ni­sa­tio­nen hin­ge­gen blieb die­ser pri­vi­le­gierte Zugang zur Poli­tik weit­ge­hend ver­wehrt. Diese regel­mä­ßi­gen Tref­fen waren dann der Schlüs­sel für die Gas­in­dus­trie, die Poli­tik von den eige­nen Nar­ra­ti­ven zu über­zeu­gen. Es dau­erte dann auch nicht lange, bis sich sowohl Scholz als auch Habeck zum Sprach­rohr der Gas­in­dus­trie mach­ten und wie­der­holt die Not­wen­dig­keit des Baus von LNG-Ter­mi­nals zur Über­win­dung der Gas­man­gel­lage beton­ten und diese mit dem Ver­weis auf die mög­li­che Umrüs­tung auf Was­ser­stoff als »Inves­ti­tion in die Zukunft« anpriesen.

Faktencheck: Gasmangellage und Wasserstofffähigkeit

Ein Blick in die Stu­di­en­lage ergibt, dass die Nar­ra­tive der Not­wen­dig­keit und der Was­ser­stoff­fä­hig­keit wis­sen­schaft­lich nicht halt­bar sind. Schon im April 2022 hatte das Deut­sche Insti­tut für Wirt­schaft (DIW) in einer Stu­die gezeigt, dass Deutsch­land sei­nen Gas­be­darf auch ohne LNG-Ter­mi­nals über die ver­füg­ba­ren Kapa­zi­tä­ten der Nach­bar­län­der decken kann und diese Ergeb­nisse in einer spä­te­ren Stu­die bestä­tigt. Das New Cli­mate Insti­tute kam im Dezem­ber 2022 zu den glei­chen Ergeb­nis­sen. Auch in der Frage der Umrüst­bar­keit steht die dama­lige Bun­des­re­gie­rung nicht auf Sei­ten der Wis­sen­schaft. Schon 2022 hatte das Fraun­ho­fer Insti­tut die Umrüst­bar­keit von LNG-Ter­mi­nals zu Was­ser­stoff-Ter­mi­nals auf­grund hoher Kos­ten als unwahr­schein­lich ein­ge­stuft. Zudem ist die tech­ni­sche Umset­zung sowie die zukünf­tige Nach­frage nach Was­ser­stoff noch völ­lig unge­wiss. Aus Gesprä­chen mit NGO-Ver­tre­te­rin­nen und ‑ver­tre­tern, die anonym blei­ben wol­len und laut eige­ner Aus­sage Ein­bli­cke in die Pla­nungs­do­ku­mente der LNG-Ter­mi­nals hat­ten, habe ich erfah­ren, dass eine zukünf­tige Umrüs­tung auch gar nicht geplant gewe­sen sein soll. Als ich dar­auf­hin bei der ent­spre­chen­den Bau­firma nach­fragte, die eben­falls anonym blei­ben wollte, gab diese dann auch zu: »Natür­lich ist hier gar nichts was­ser­stoff­re­ady, es gibt ja noch nicht ein­mal DIN-Nor­men dafür.«

Fossiler Rollback

Den­noch: Mit der Ver­ab­schie­dung des Geset­zes zur Beschleu­ni­gung des Ein­sat­zes ver­flüs­sig­ten Erd­ga­ses (LNGG) im Jahr 2022 wurde der Bau von elf schwim­men­den und fes­ten Flüs­sig­gas-Ter­mi­nals sowie deren Betrieb bis ins Jahr 2043 geneh­migt. Umwelt­prü­fun­gen und Betei­li­gungs­ver­fah­ren wur­den außer Kraft gesetzt und die LNG-Infra­struk­tur gesetz­lich als über­ra­gen­des öffent­li­ches Inter­esse dekla­riert, was Kla­gen dage­gen deut­lich erschwert. Auch Sub­ven­tio­nen und staat­li­che Betei­li­gun­gen wur­den im Zuge des Geset­zes beschlos­sen. Seit fast drei Jah­ren lau­fen nun die beson­ders teu­ren flüs­si­gen Ter­mi­nals in Wil­helms­ha­ven, Bruns­büt­tel und Lub­min. Wie von den meis­ten unab­hän­gi­gen Exper­tin­nen und Exper­ten vor­aus­ge­sagt, sind sie aller­dings kaum aus­ge­las­tet. Da die Infra­struk­tur für die Gas­ein­spei­sung nun aber auf­ge­baut ist, muss die Nach­frage nach Gas künst­lich erhöht wer­den: mit dem mas­si­ven Aus­bau von Gas­kraft­wer­ken. Damit die Strom­pro­duk­tion aber nicht zu schnell steigt und damit die Preise fal­len, muss gleich­zei­tig der Aus­bau der Erneu­er­ba­ren gebremst wer­den. Damit schließt sich der Kreis. Wer also denkt, wir erle­ben gerade eine Kehrt­wende in puncto Ener­gie­wende, über­sieht, dass bereits die Ampel-Regie­rung die Wei­chen für das Come­back der Gas­in­dus­trie gestellt hat.

Die­ser Bei­trag wurde zunächst auf surplusmagazin.de veröffentlicht.

Kurz zusammengefasst

Die neue Wirt­schafts­mi­nis­te­rin Rei­che treibt den Aus­bau von Gas­kraft­wer­ken voran und bremst gleich­zei­tig die Ener­gie­wende. Obwohl die Bun­des­re­gie­rung offi­zi­ell an ihren Kli­ma­zie­len fest­hält, gel­ten diese als kaum erreich­bar. Der geplante Bau von bis zu 40 Gas­kraft­wer­ken und die Kür­zung von Solar­för­de­run­gen mar­kie­ren den vor­läu­fi­gen Höhe­punkt einer erfolg­rei­chen Lob­by­stra­te­gie der Gas­in­dus­trie, die Gas seit Jah­ren als „sau­bere Brü­cken­tech­no­lo­gie“ und spä­ter durch das „Was­ser­stoff­nar­ra­tiv“ als Teil der Lösung der Ener­gie­wende darstellt.

Mit Beginn der Ener­gie­krise 2021 nutzte die Bran­che die ent­stan­dene Abhän­gig­keit und den poli­ti­schen Druck geschickt, um ihre Inter­es­sen durch­zu­set­zen. Die Ampel-Regie­rung unter­stützte dar­auf­hin den Bau zahl­rei­cher LNG-Ter­mi­nals, obwohl wis­sen­schaft­li­che Stu­dien ihre Not­wen­dig­keit und „Was­ser­stoff­fä­hig­keit“ wider­le­gen. Das 2022 ver­ab­schie­dete LNG-Gesetz erleich­terte Bau und Betrieb die­ser Ter­mi­nals erheblich.

Das Ergeb­nis ist ein fos­si­ler Roll­back: Statt den Umstieg auf erneu­er­bare Ener­gien zu beschleu­ni­gen, wird die Gas­in­fra­struk­tur aus­ge­baut und die Abhän­gig­keit von fos­si­len Ener­gien ver­län­gert – eine Ent­wick­lung, die bereits unter der Ampel-Regie­rung vor­be­rei­tet wurde.